Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Die
tiefenpsychologisch fundierten Verfahren, manchmal auch psychoanalytisch
orientierte Verfahren genannt, sind sehr verbreitete Therapieformen. Sie werden
über das gesamte Spektrum von neurotischen, psychotischen und psychosomatischen
Störungen angewendet. Die therapeutischen Prinzipien haben sich vor allem aus
der psychoanalytischen Praxis entwickelt. Der Schwerpunkt der Behandlung liegt
auf Konflikten und Entwicklungsstörungen, die in der aktuellen Lebenssituation
des Patienten auftreten. Die ausführliche Bearbeitung zugrunde liegender
Ursachen solcher Konflikte und Störungen, die aus der weiteren Vergangenheit,
insbesondere aus der frühen Kindheit der Patienten stammen, spielt bei den
tiefenpsychologisch fundierten Verfahren keine zentrale Rolle. Ebenso werden weit reichende
Regressionen vermieden. Die psychoanalytischen Konzepte von
Unterbewusstsein, Widerstand, Übertragung und Gegenübertragung werden von
tiefenpsychologisch fundierten Therapeuten beachtet, bilden jedoch nicht den
Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit. In der therapeutischen Praxis arbeiten
Patient und Psychotherapeut zielorientiert, die Ziele und Schwerpunkte werden
vor und während der Behandlung miteinander besprochen.
Die Dauer einer tiefenpsychologisch fundierten Behandlung liegt zumeist bei 50
- 100 Stunden und findet ein bis zwei mal wöchentlich
statt. Hierbei sitzen sich Patient und Therapeut gegenüber, der Patient liegt
nicht auf der Couch. Art, Häufigkeit und Dauer der Sitzungen werden dem
Einzelfall angepaßt. So kann es z.B. manchmal sinnvoll sein, eine Behandlung
über mehrere Jahre hinweg zu führen, wobei die Sitzungen dann alle zwei bis
drei Wochen stattfinden. Tiefenpsychologisch fundierte Verfahren werden sowohl
als Einzel- als auch als Gruppentherapie angewendet.
Quelle: Die psychoanalytischen Therapieverfahren von Dr. Karin Bell und Prof. Dr. M.B. Buchholz im Auftrag der DGPT - Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie
Psychoanalyse umfasst
eine Persönlichkeitstheorie mit Aussagen über Entwicklung, Struktur und Funktion der menschlichen Psyche in Gesundheit und Krankheit. Hintergrund dieser Theorie ist ein Menschenbild das besagt, daß unbewußte Faktoren unser Denken, Handeln und Fühlen beeinflussen, und daß diese unbewußten Faktoren zu inneren Konflikten führen.
eine Krankheitslehre mit Aussagen über die Entstehung und Heilungsbedingungen von seelischen Krankheiten, Die Krankheitslehre hat verschiedene seelische Konflikte im Zentrum sie untersucht deren Auswirkungen auf die Entwicklung des Menschen, auf seinen Körper und auf seine Beziehungen zu anderen Menschen. Neben Konflikten thematisiert sie Entwicklungsdefizite und den Einfluß von traumatischen Erfahrungen im Sinne von seelischen Verletzungen. Die Psychoanalyse geht von engen Wechselwirkungen zwischen Konflikt und Trauma aus, wobei die Grenzen zwischen äußeren Traumatisierungen und inneren Konflikten, die zu Traumata werden, nicht immer eindeutig gezogen werden können
Behandlungsmethoden mit unterschiedlicher Dauer, Zielsetzung und unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf der Basis dieser Krankheitslehre. Zu diesen Behandlungsmethoden gehören im einzelnen:
unterschiedliche Methoden analytischer Kurzzeittherapien von der Notfallbehandlung über die Krisenintervention bis zur Fokaltherapie.
mittelfristige Therapieverfahren wie die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die dynamische Psychotherapie oder die längerfristig haltgewährende Therapie
die analytische Psychotherapie als Langzeitverfahren sowie die eigentliche Psychoanalyse als eine spezifische Behandlungsform mit mehreren Sitzungen pro Woche.
Allen
Behandlungsmethoden sind einige grundlegende Operationsprinzipien gemeinsam.
Die Annahme, daß sich die bei den frühen Objekten gebildeten Erwartungen auch
an den Therapeuten richten, wird als Übertragung bezeichnet. Daß der Patient
auch an seiner Störung festhält und Angst gegen deren Überwindung entwickelt,
mündet in das ein, was in der Behandlung dann Widerstand heißt. Der Patient, so
lehrt die Erfahrung, geht innerlich an jenen Punkt in seiner Entwicklung
zurück, an dem die Störung eingesetzt hat, um von dort aus einen Neustart im
Schutz der therapeutischen Beziehung zu versuchen. Das wird als Regression
bezeichnet; sie ist ein nicht willentlich steuerbarer, in der Behandlung sich
einstellender Prozeß. Übertragung, Widerstand und Regression handhaben zu
lernen macht die wesentliche therapeutische Kunstfertigkeit aus.
Die emotionale Antwort des Therapeuten auf Übertragung, Regression und
Widerstand wird als Gegenübertragung zusammengefaßt und umgreift eine
differenzierte Palette feinabgestufter emotionaler Reaktionen, die der
Therapeut zum Verständnis des unbewußten Geschehens zu nutzen gelernt hat. Er
teilt jedoch seinem Patienten von seiner eigenen emotionalen Befindlichkeit nie
direkt etwas mit, sondern erst, nachdem er dies in Beziehung zum Erleben seines
Patienten gesetzt hat. Psychoanalytische Therapeutinnen und Therapeuten sind
deshalb weder unnahbar oder distanziert, noch verhalten sie sich geschwätzig
und aufdringlich. Das richtige Taktgefühl ist einer jener unspezifischen
Faktoren in einer therapeutischen Beziehung, die äußerst hilfreich und
unerläßlich für alles andere, aber nicht leicht zu beschreiben sind.
2. Beschreibung der (klassischen) psychoanalytischen Arbeitsweise
Auszug aus dem Artikel "Was ist Psychoanalyse" der DPV - Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (Zum vollständigen Artikel)
Der Prozeß findet in
einem Setting statt, das vom Analytiker zur Verfügung gestellt wird. Das
analytische Setting setzt sich zusammen aus einem ruhigen Raum, einer Couch und
einem Sessel, einer kontinuierlichen und regelmäßigen Frequenz der Sitzungen,
gewöhnlich vier bis fünf Stunden in der Woche, und einem aufmerksamen
Analytiker, der zuhört, seine Gedanken und Gefühle, die in ihm wachgerufen
werden, reflektiert und auf diese Weise die freien Assoziationen des Patienten
zu verstehen sucht und dies dem Patienten mittels Deutungen mitteilt. Die
Arbeit des Analytikers besteht darin, sowohl das Setting wie auch seine
psychische Einstellung der freischwebenden Aufmerksamkeit und seine Kompetenz
zur Formulierung von Deutungen über alle Wechselfälle der Analyse hinweg
aufrechtzuerhalten.
3. Psychoanalyse
Quelle: Definition der Bundesärztekammer
Die Psychoanalyse
umfaßt die Erkennung und psychoanalytische Behandlung von Krankheiten und
Störungen, denen unbewußte seelische Konflikte zugrunde liegen, einschließlich
der Anwendung in der Prävention und Rehabilitation sowie zum Verständnis
unbewußter Prozessein der Arzt-Patienten-Beziehung.
Weitere
Informationen der Bundesärztekammer über Zeit, Inhalt und Ziele der
Weiterbildung.
4. Was ist Psychoanalyse?
Quelle: DPV - Deutsche Psychoanalytische Vereinigung
Im Jahre 1896 prägte Sigmund Freud den Begriff Psychoanalyse für die von ihm
begründete und entwickelte Wissenschaft von den unbewußten Vorgängen im
Seelenleben. In seiner späteren Arbeit Psychoanalyse und Libidotheorie (1923,
GW XIII, S. 211) wählte er die Definition, die seitdem in der internationalen
wissenschaftlichen Gemeinschaft der Psychoanalytiker als verbindlich anerkannt
und damit zu einem Teil ihres common ground geworden ist. Dort hat Freud
geschrieben:
"Psychoanalyse ist der Name 1. eines Verfahrens zur Untersuchung
seelischer Vorgänge, welche sonst kaum zugänglich sind; 2. einer
Behandlungsmethode neurotischer Störungen, die sich auf diese Untersuchung
gründet; 3. eine Reihe von psychologischen, auf solchem Wege gewonnenen
Einsichten, die allmählich zu einer neuen wissenschaftlichen Disziplin
zusammenwachsen."
Die Psychoanalyse geht als Konflikttheorie von widerstreitenden Kräften in der
Persönlichkeit aus. Das Ziel ihrer Behandlungsmethode besteht darin, dem
Patienten bei der Suche nach einer persönlichen Kontinuität und bei der
Aneignung unbewußt gewordener Lebensgeschichte zu helfen. Ziel ist nicht die
Entwicklung einer harmonischen Persönlichkeit. Die Psychoanalyse bietet dem
einzelnen Menschen vielmehr eine Methode an, seine unbewußten Motive selbst zu
erforschen und dabei deren Existenz anzuerkennen sowie abgespaltene und
abgewiesene Teile seines Selbst zu integrieren. Denn von unbewußten Motiven,
wie zum Beispiel von unbewußten Schuldgefühlen, erlebt sich ein Mensch z. B. in
Form von Hemmungen, Arbeitstörungen oder auch Selbstbestrafungstendenzen bis
hin zu schweren Depressionen fremdbestimmt. Insofern geht es der Psychoanalyse
um eine Befreiung von verinnerlichten Fremdbestimmungen, die Ursachen für
psychische Störungen und damit verbundene Symptome sind.
Psychoanalytiker verkünden keine Wahrheiten. Es geht ihnen vielmehr darum, dem
Subjekt einen Raum und Bedingungen für eine authentische und wahrhaftige
Kommunikation zu schaffen. Die Fähigkeit dazu basiert auf einem bewußten und
selbstverantwortlichen Denken, das sich aus den emotionalen Erfahrungen unserer
Kindheit heraus entwickelt. Denn Triebe, Emotionen und ihre Schicksale
bestimmen den seelisch-geistigen Wachstumsprozeß des Menschen. Sie bestimmen
seine geistige Wachheit, Neugier und Kreativität ebenso wie sein Erleben von
Wirklichkeit und Lebendigkeit.
Wenn aber konflikthaft erlebte Emotionen zu schmerzlich und deshalb bedrohlich
sind, werden diese als Formen einer Fremdbestimmung erfahren und haben
weitreichende psychische Störungen zur Folge. Emotionale Erfahrungen neh-men
eine traumatische Qualität an, wenn die wichtigen Bezugspersonen einem Kind in
seinen ersten Lebensjahren nicht die notwendigen zuverlässigen und emotional
befriedigenden Beziehungserlebnisse anbieten. Denn nur in einer hinreichend
positiv erlebten Beziehung kann ein Kind die in seiner Entwicklung
unvermeidlichen Erfahrungen von Schmerz, Haß, Abhängigkeit, Angst und Schuld,
Neid und Eifersucht, Frustration und Verlust ertragen lernen. Wenn dies nicht
gelingt, ist die Entwicklung der kindlichen Psyche umfassend gefährdet. Wenn
nämlich emotionale Erfahrungen nicht verarbeitet und integriert werden können,
werden sie zu einem Trauma und behindern dann erheblich die gesamte psychische
Entwicklung. Mit den Folgen hat die Psychoanalyse als Krankenbehandlung zu tun,
aber auch andere Humanwissenschaften: so die Medizin mit den psychosomatischen
Erkrankungen, die Pädagogik mit Verhaltens- und Lernstörungen, die Psychiatrie
mit schweren psychischen Defekten, aber auch die Gesellschaft insgesamt. Zum
Beispiel können enttäuschte Heilserwartungen in Fremdenhaß umschlagen und
abgelehnte Selbstanteile mittels Projektionen anderen zugeschrieben und dort
bekämpft werden.
Emotionale Aktivität ist für den Menschen eine Herausforderung und oft mit
Angst verbunden, der Angst vor dem Unbekannten im anderen und in uns selbst.
Die Psychoanalyse kann dem einzelnen Menschen helfen, sich dieser
Herausforderung neu zu stellen. Die Befreiung des Erlebens und Denkens in einer
psychoanalytischen Behandlung erwächst auf dem Boden eines oft schmerzlichen
Erkenntnisprozesses, der nur gelingen kann, wenn die analytische Situation von
einer Atmosphäre der Toleranz für das unannehmbar Erscheinende geprägt ist.
Wissen zu wollen und dabei der Wahrheit verpflichtet zu sein, sind
Grundhaltungen der Psychoanalyse. Diese Grundhaltung, verbunden mit einer
Aufmerksamkeit des Analytikers, die nicht auf etwas Bestimmtes ausgerichtet
ist, wenn er dem Patienten zuhört, wird als die gleichschwebende Aufmerksamkeit
bezeichnet. Diese Einstellung des Analytikers zusammen mit seinem Angebot an
den Patienten, alles mitzuteilen – dies wird als die freie Assoziation
bezeichnet – sind die methodischen Bedingungen, um einen analytischen Prozeß
einzuleiten, in dem das Unbewußte im Erleben der analytischen Beziehung
aktiviert, gedeutet und damit erkennbar werden kann.
Mittels dieser Methodik entwickelt sich ein spezifisches Beziehungserleben
zwischen dem Analysanden und seinem Analytiker. Die moderne psychoanalytische
Entwicklungsforschung hat gezeigt, wie die seelische Struktur, der Kern des
Selbstgefühls und des Erlebens von Wirklichkeit, das identisch ist mit dem
affektiven Existenzerleben, auf der Verinnerlichung früher
Beziehungserfahrungen gründet. Solch frühe Beziehungsmuster werden in der
psychoanalytischen Behandlung wiederbelebt. Die psychoanalytische Theorie
beschreibt diese Vorgänge als Übertragung. Im Zentrum der psychoanalytischen
Aufmerksamkeit stehen nicht allein abgewehrte Triebimpulse, sondern die
Objektbeziehung, wie sie sich im emotionalen Erleben in der Übertragung und der
Gegenübertragung zwischen Analysand und Analytiker in der psychoanalytischen
Behandlungssituation aktualisiert. Die therapeutische Interaktion, die die
Erkenntnisse über die frühe Zwei-Personen-Beziehung von Mutter und Kind wie
auch über Drei-Personen-Beziehungen (Vater-Mutter-Kind,
Geschwister-Mutter-Kind) benutzt, wurde zu dem entscheidenden therapeutischen
Instrument.
Sobald ein Mensch sich nicht mehr flexibel und lernfähig auf innere und äußere
Anforderungen einstellen kann, führen Hemmungen oder Blockierungen zu
neurotischen und psychosomatischen Erkrankungen. Die Entwicklung zu einer
bewußten Individualität, zu der die Psychoanalyse beitragen will, soll den
einzelnen dazu befähigen, seine Gedanken, Gefühle und Wünsche als seine eigenen
zu akzeptieren und zu einem Engagement in der Welt umzuwandeln.
Eine psychoanalytische Behandlung oder Kur braucht Zeit und ist für beide
Teilnehmer schwierig. Doch wie läßt sich ein solcher psychoanalytischer Prozeß
etwas anschaulicher beschreiben?
Der Prozeß findet in einem Setting statt, das vom Analytiker zur Verfügung
gestellt wird. Das analytische Setting setzt sich zusammen aus einem ruhigen
Raum, einer Couch und einem Sessel, einer kontinuierlichen und regelmäßigen
Frequenz der Sitzungen, gewöhnlich vier bis fünf Stunden in der Woche, und
einem aufmerksamen Analytiker, der zuhört, seine Gedanken und Gefühle, die in
ihm wachgerufen werden, reflektiert und auf diese Weise die freien
Assoziationen des Patienten zu verstehen sucht und dies dem Patienten mittels
Deutungen mitteilt. Die Arbeit des Analytikers besteht darin, sowohl das Setting
wie auch seine psychische Einstellung der freischwebenden Aufmerksamkeit und
seine Kompetenz zur Formulierung von Deutungen über alle Wechselfälle der
Analyse hinweg aufrechtzuerhalten.
Ein wichtiger Fokus dieser Arbeit stellt die stufenweise Wahrnehmung von
formalen und inhaltlichen Mustern in dem assoziativen Material dar. So können
z. B. Beziehungsmuster zu den Eltern am Ende einer Sitzung wach werden. Dann
erscheint die Annahme plausibel, daß einer der Konflikte die Trennung von den
Elternfiguren betrifft, der sich in der Übertragung darstellt und dem Patienten
gedeutet wird. Der Analytiker wird beobachten, in welcher Weise der Patient auf
die Deutungen reagiert. Wird der Patient diese akzeptieren und darüber
nachdenken? Wird der Patient zustimmen, aber sich einem anderen Thema zuwenden
oder aber die Deutung ablehnen? Wird der Patient ärgerlich oder launisch
reagieren usw., oder fühlt er sich durch die Deutung angegriffen? Hinter diesen
unterschiedlichen Reaktionstypen werden weitere Verhaltensmuster erkennbar, so
daß allmählich ein dynamisches Gerüst der geistigen Funktionsweise und seiner
unbewußten Phantasien entsteht, das sich rund um die komplexe Übertragungs- und
Gegenübertragungsbeziehung entwickelt.
Mit diesen komplexen Reaktionsweisen sucht der Patient zu vermeiden, daß Angst
auslösende, schmerzliche und verwirrende Gedanken, Impulse und Gefühle
aufsteigen. Sie variieren von subtilen Abwehrmanövern, die den Analytiker in
die Irre zu leiten suchen bis hin zu groben Versuchen – insbesondere durch ein
Agieren –, die Fähigkeit des Analytikers zum Denken zu unterminieren. Das kann
die Analyse in Frage stellen. Unter diesen Umständen besteht die zentrale
Aufgabe der Arbeit des Analytikers darin, die Intensität der in ihm ausgelösten
Gefühle in sich zu bewahren und wahrzunehmen, um auf diese Weise zu versuchen,
die Dynamik der aktuellen Situation verstehen und deuten zu können. Für den
Analytiker besteht die Gefahr, daß er von den Projektionen und Manipulationen
des Patienten überwältigt wird, so daß er nur noch reagiert, anstatt zu
bewahren und zu reflektieren. Der immense emotionale Druck kann für den
Analytiker extrem belastend sein, insbesondere wenn die Unterbrechungen
zwischen den Sitzungen mit Angst und Sorge um den Patienten und die Analyse aufgefüllt
werden. Das Klischee von dem unbeeinflußbaren und unberührten Analytiker hat
kaum etwas mit der Wirklichkeit psychoanalytischen Arbeitens zu tun.
Das Bild des einsamen Analytikers in seinem Elfenbeinturm ist ein weiteres
Klischee. Denn die Arbeit des Analytikers betrifft auch Bereiche außerhalb
seiner Praxis. Freud war es, der 1919 die Empfehlung gab, daß der Analytiker
Wege finden müsse, um seine Fähigkeiten auch denen zukommen zu lassen, die sich
keine Psychoanalyse leisten können. Dies führte zur Entwicklung
unterschiedlicher Techniken, welche ursprünglich von der analytischen Technik
und deren Erkenntnissen abstammen. Psychoanalytiker waren die Vorreiter dieser
Entwicklungen, so der Entwicklung verschiedener Formen der Einzeltherapie, der
Gruppenanalyse und -therapie, der Balintgruppen für Ärzte und verschiedener
Beratungsformen. Auf dem von S. Freud geschaffenen Fundament der Psychoanalyse
hat sich seit dem Erscheinen der Traumdeutung (1900) eine Vielzahl neuer
Theorien und Techniken entwickelt, mit denen sich die Kreativität sowie die
Lebendigkeit der Psychoanalyse immer wieder neu erweist.